Thesenpapier zur Inklusion

Pressemitteilung

 

8 Thesen
zu den geplanten Veränderungen im Schulbereich in Sachsen-Anhalt

 

1.      Jedes Kind  hat Anspruch auf bestmögliche Förderung in der Schule, z.B. Kinder mit und ohne Förderbedarf, Kinder mit und ohne Behinderungen, Kinder mit und ohne Migrationshintergrund, Kinder mit unterschiedlich (gut) ausgebildeten Eltern (vgl. UN-Kinderrechtskonvention, Art. 29, 1a / UN-Behindertenrechtskonvention, Art. 24, 2c-e.
Das bedeutet: Ziel jeder Schulpolitik müssen gute Schulen für alle Kinder sein!

 

2.      In der Inklusiven Schule soll jedes Kind die bestmögliche Förderung bekommen und in einer angenehmen Schulatmosphäre ohne Ausgrenzung lernen können. Das setzt voraus, dass alle Schulen für jedes Kind zugänglich und die Lernmittel für alle Kinder benutzbar sind. Qualifiziertes Personal muss in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.
Das bedeutet: Inklusive Schulen müssen räumlich, sächlich und vor allem personell gut ausgestattet sein.

 

3.      Die bestmögliche Förderung von Kindern mit Förderbedarf bzw. Behinderungen erfordert fachspezifische förderpädagogische Qualifikationen und Professionalität (z.B. für Lern-, Sprach-, Verhaltens-, Sinnesbehinderungen) von allen Lehrkräften in allen Schulen.
Das bedeutet:
Es muss schnellstmöglich flächendeckende Fort-  und Weiterbildungs-Angebote geben! Alle Lehrkräfte müssen förderpädagogische Kompetenz aufbauen können und dabei berufsqualifizierende Abschlüsse erreichen können. Die Lehrer-Ausbildung muss konsequent an die Anforderungen der Inklusiven Schule angepasst werden!

4.      Die Umgestaltung des Lernens an bestehenden Schulen ist ein komplexer Prozess. Man muss davon ausgehen, dass dieser Prozess nicht konflikt- und komplikationslos abläuft und in einigen Fällen sogar scheitert.
Das bedeutet:
Während der Umgestaltung von Schulen und Lernen muss für alle Beteiligten externe Unterstützung abrufbar sein, z.B. in Form von individuellen oder gruppenbezogenen Evaluationen, Supervisionen, Coachings und Beratungen. Sollte der Transformationsprozess scheitern, muss die Umgestaltung umkehrbar sein, um nach alternativen Wegen zu suchen.

 

5.      Während der Transformation des Schulsystems muss gewährleistet sein, dass alle Kinder mindestens so gut wie bislang lernen können und gefördert werden. Der Modellversuch „Grundschulen mit Integrationsklassen“ hat gezeigt, dass sich viele Regelschul-Lehrkräfte derzeit nicht in der Lage sehen, Kinder mit besonderem Förderbedarf angemessen zu fördern.
Das bedeutet:
So lange nicht die Mehrzahl der Regelschulen grundlegend befähigt für die Inklusive Schule ist, sollten die bisherigen Schulformen (z.B. Spezialschulen für Kinder mit Lern- oder Sprachbehinderungen, Ausgleichsklassen), gekoppelt an das Wahlrecht der Eltern, bestehen bleiben.

6.      Die Transformation des Schulsystems erzeugt gegenwärtig Grauzonen, die seitens aller Akteure zugunsten – aber auch zu ungunsten – der Kinder ausgestaltet werden können. Solange die inklusive Bildung noch nicht im Schulgesetz verankert wurde, kommt Schulträgern und Schulverwaltungen eine besondere Verantwortung zu.
Das bedeutet:
Schulträger und Schulverwaltungen müssen Lehrkräfte und Schulleitungen bei der Ausgestaltung dieses schwierigen und herausfordernden Prozesses unterstützen. Sie sollten durch unbürokratische und pragmatische Entscheidungen dem individuellen Kindeswohl Sorge tragen. Sie sollten das Inklusions-Engagement von Schulen würdigen und unterstützen.

7.      Wissenschaftliche Untersuchungen und (kritische) Meinungsäußerungen sind wichtige Ressourcen eines erfolgreichen Transformationsprozesses.
Das bedeutet:
Die Umgestaltung der Schullandschaft braucht eine kontinuierlich Evaluation, damit man erfolgreiche und problematische Entwicklungen erkennen und ggf. Kurskorrekturen vornehmen kann.

8.      In einer Inklusiven Schule kann eine gute Förderung für Kinder mit sehr unterschiedlichen Lernausgangslagen und Fähigkeiten nur dann gelingen, wenn die Lehrkräfte, Kinder, Eltern, die Schuladministration und die Kommunen offen und bereit für das gemeinsame Lernen sind.
Das bedeutet:
Alle Betroffenen müssen die Möglichkeit haben, die Vorteile Inklusiver Schulen kennenzulernen und sich aktiv in die Umgestaltung der Schullandschaft einzubringen!

 

Inklusion ist eine wichtige gesellschaftliche Vision.

Wir sind bereit, an der Realisierung dieser Vision mitzuarbeiten.

Bitte unterschreiben Sie hier für diese Thesen.

Halle, 15.10.2012

InitiatorInnen und ErstunterzeichnerInnen:

–          Grundschulverband e.V., Landesgruppe Sachsen-Anhalt

–          Sekundarschullehrerverband Sachsen-Anhalt

–          Verband Sonderschulpädagogik, Landesverband Sachsen Anhalt e.V.

–          Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik e.V., Landesgruppe Sachsen-Anhalt

–          FR Sprachbehindertenpädagogik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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