Stellungnahme zu „Sachsen-Anhalt mangelt es an Abiturienten“

Stellungnahme

Zum Zeitungsartikel MZ vom 25.06.2013

„Sachsen-Anhalt mangelt es an Abiturienten“

 

Nicht die Quantität, sondern die Qualität sollte die Messgröße sein.

Sachsen-Anhalt hat die Leistungsbewertung abgeschwächt, wahrscheinlich um mehr Schülern die Chance auf einen Schulabschluss zu gewähren. Der Lehrer freut sich darüber, in Klassenarbeiten seltener die Note 5 verteilen zu müssen, aber was erreicht man damit?

Es gibt Schüler, die sich jede Leistung erkämpfen müssen, und denen gönnt man den milderen Bewertungsschlüssel. Die Mehrheit der Schüler jedoch hat dieses Kämpfen um gute Noten verlernt, besser, gar nicht erst gelernt.  Ehrgeiz ist heutzutage vielen Schülern fremd, sie mogeln sich so durch und zeigen nur geringe Anstrengungsbereitschaft. Wenn man Glück hat, dann findet man wenigstens im Abschlussjahrgang doch noch interessierte Schüler.

Wer trägt die Schuld an der Lustlosigkeit unserer jungen Generation?

Meiner Ansicht nach hat die moderne Medienvielfalt einen großen Anteil daran. Vielen Schülern fehlt in der Freizeit der nötige Sauerstoff zum Regenieren. Weiterhin sind die Schulen noch immer nicht modern genug ausgestattet, um diesen Trend für ihren Unterricht ausnutzen zu können. Spielt der Lehrer im Unterricht sein altes Video von der Bildstelle ein, gewinnt man den Schülern höchstens ein müdes Lächeln ab.

Den zweiten Grund für den Mangel an Einsatzbereitschaft möchte ich vielen Eltern selbst zuschieben. Gehe ich lustlos oder gar nicht zur Arbeit, so werden auch meine Kinder keinen Sinn in der Berufswelt sehen. Die Erwachsenen haben eine große Vorbildfunktion. Schulische Leistungen hängen also nicht nur von der Qualität des Unterrichts ab, sondern spiegeln oftmals ihr Einzugsgebiet wieder. Äußert sich ein Elternteil negativ über einen Lehrer, wird auch das Kind ähnlich argumentieren.

Die hohe Schulabbrecherquote führe ich zum Teil auf die Überforderung der Schüler zurück.

Wird ein durchschnittlich begabtes Kind am Gymnasium eingeschult, dann muss es sicherlich sehr viel Fleiß zeigen, wenn es die Schulzeit einigermaßen durchlaufen möchte. Frustrationen durch schlechte Schulleistungen hemmen erfahrungsgemäß den Leistungswillen. Also sind hier erneut die Eltern gefordert. Wenn sie ihr Kind schon überfordern, müssen sie dem Kind in diesen Fällen den Rücken stärken und es zu weiteren Anstrengungen ermutigen.  Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte man neu überlegen, ob man die richtige Schule für sein Kind gewählt hat.

Lasse ich mein Kind allein mit seinen Sorgen, wird es spätestens in der Pubertät eine Verweigerungshaltung einnehmen, deren Folge oftmals der Schulabbruch ist.

Man sollte den Eltern frühzeitig erklären, dass das Gymnasium als Ziel das Studium an einer Hochschule oder Universität sieht. Eine frühzeitige Berufsberatung sollte sich dann auch diesem Bereich widmen. Die Sekundarschule dagegen bereitet die Schüler auf die Berufswelt vor und ist bestrebt durch Praktika und Berufsberatung das Interesse auf diesen Bereich zu lenken. Spätentwickler können sich mit dem erweiterten Realschulabschluss auch noch die Qualifikation für das Gymnasium erwerben. Gymnasiasten, die den Anforderungen ihrer Schulart nicht genügen, oder aber doch nicht studieren möchten, sollten möglichst früh das Gymnasium verlassen, um an der Realschule noch ausreichend Berufsvorbereitung erfahren zu können. Ich halte es für besser, wenn wenige Schüler am Gymnasium lernen, dafür aber gute Leistungen erzielen.

Den Äußerungen von Herrn Dr. Mannke möchte ich zustimmen, weiterhin sind die Einwände von Herrn Kultusminister Dorgeloh auch nicht abwegig.

Allerdings möchte ich dem Ausspruch Dorgelohs zu „Die Chancengerechtigkeit bleibt nach wie vor eine Baustelle“, nicht entsprechen. Ich vermute, dass hier die Gemeinschaftsschule und Inklusion gemeint sind. Kein Lehrer kann in einer Klasse Förderschüler, Hauptschüler, Realschüler und Gymnasialkinder gerecht fördern. Die leistungsschwächsten und die leistungsstärksten Schüler werden die „Chancengerechtigkeit“ in dieser Schulart gleichermaßen vermissen.

 

 

09.07.2013      Claudia Diepenbrock

Landesvorsitzende Sekundarschullehrerverband S.-A. e.V

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